Alltagsdeutsch Der Baum
Der Baum als Sinnbild
menschlichen Verhaltens
Sprecherin: "Habt
Ehrfurcht vor dem Baum - er ist ein
einziges Wunder" - mahnte schon der berühmte Naturforscher Alexander von
Humboldt. Und – aller Technologisierung zum Trotz – Bäume spielen noch immer eine wichtige Rolle auf der Erde. Nicht
umsonst nennt man die Wälder,
insbesondere die Regenwälder, bildhaft
"die grünen Lungen des Planeten". Einer der sich in Deutschland
hauptberuflich mit Bäumen beschäftigt,
ist Ludger Coenen-Jürgl. Ihm gehört eine Baumschule
im Kölner Süden:
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Der Baum ist wirklich ein Wunder – erst mal das hohe Alter, das
ein Baum erreichen kann. Es
gibt ja 1.000-jährige Bäume,
zum Beispiel Eichen. Die Lebenskraft des Baumes ist für
mich schon faszinierend, was ein Baum verträgt, wie viele Generationen von
Menschen er überleben kann."
Sprecherin: Überlebt
hat auch die Faszination, die der Baum von
Beginn der Geschichte an auf den Menschen ausübte. Und so hat der Baum Einzug gefunden in die Sprachen,
Literaturen und Religionen der Welt. Immer wieder werden Mensch und Baum in Beziehung zueinander gesetzt.
Zahlreiche Beispiele finden sich in der Bibel: "In meinem Volk werden die
Menschen so alt wie die Bäume",
heißt es etwa bei Jesaja. Oder in der Offenbarung des Johannes: "Hüben und
drüben stehen Bäume des Lebens."
Baumpfleger Christoph Gerick aus Pulheim betont:
- O-Ton: Christoph Gerick: "Der Baum hat den Menschen
seit jeher fasziniert, wahrscheinlich weil er von seinen Dimensionen so
riesig wirkt, weil er unglaublich
Größe hat, weil er sehr alt wird und weil man auch vielleicht ihn als
Vermittler zwischen Erde und Himmel sieht. Und das sind sicherlich die
Gründe, die die Menschen immer wieder faszinieren, wenn sie vor einem uralten Lebewesen stehen."
Sprecher: Angesichts
eines solch uralten, also sehr alten
Lebewesens, fiel dem Berliner Satiriker Kurt Tucholsky Folgendes ein: "Ein
alter Baum ist ein Stück Leben. Er
beruhigt. Er erinnert. Er setzt das sinnlos heraufgeschraubte Tempo herab." Demnach bringt der Baum Ruhe
und Muße in einem immer mehr von Schnelligkeit und Stress bestimmten Alltag.
Spezialist Coenen-Jürgl beschreibt den Aufbau des Baumes:
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Ein Baum fängt unten mit der Wurzel an, dann kommt der Stamm, und dann kommen die Äste.
Und an den Ästen entwickeln sich dann hoffentlich Blätter beziehungsweise Nadeln.
Die Knospen der Pflanzen nennt man auch Augen."
Sprecherin: Den
gesamten oberen Teil des Baumes, samt Ästen
mit Blättern beziehungsweise Nadeln, bezeichnet man als Krone. Wipfel heißt der obere Abschluss. Dieser Ausdruck leitet sich vom
mittelhochdeutschen Wort "wipfen" her, das so viel wie hin- und
herbewegen bedeutete. Genau das tut der Wipfel
– er bewegt sich im Wind hin und her. Manche der Bezeichnungen für die
einzelnen Abschnitte des Baumes haben
sich in sprachlichen Bildern niedergeschlagen und deuten auf eine enge
Beziehung zwischen Mensch und Baum.
So spricht man davon, dass jemand in seiner Heimat verwurzelt ist. Personen, die den Bezug zur eigenen Geschichte und
Tradition verloren haben, erleben hingegen eine Entwurzelung.
Sprecher: Bleibt
jemand für längere Zeit regungslos an der selben Stelle stehen, fragen wir:
"Willst du Wurzeln schlagen?"
Bei der Beschreibung der biologischen Herkunft des Menschen wird ebenfalls
gerne der Vergleich mit dem Baum herangezogen:
Der Stammbaum gibt Überblick über
die Vorfahren eines Menschen, von denen er abstammt:
die Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und so fort. Der erstgeborene Junge ist
der so genannte Stammhalter. Das
Sprichwort "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm" meint unterdessen, dass Kinder stark von ihrer Familie
geprägt werden, nach dem Motto "wie die Eltern, so das Kind".
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Weitere Redewendungen sind zum
Beispiel "ein Mann wie ein Baum",
das heißt ein starker Mann wird mit einem starken Baum verglichen oder "lang wie ein Baum" - ein Mann lang wie ein Baum, das heißt, sehr groß und schlank wie ein Baum. Das sind verschiedene
Sprüche, die man schon mal hört, wo Menschen und Bäume verglichen werden."
Sprecherin: In diesen
Redensarten sind Bäume Sinnbilder
für Standhaftigkeit und Unbeugsamkeit eines Menschen. Statt "lang wie ein Baum" kann man
ebenso das Adjektiv baumlang
benutzen; baumhoch bedeutet
"hoch wie ein Baum".
- O-Ton: Christoph Gerick: "Das Sprichwort "Einen alten Baum verpflanzt man
nicht" das kommt daher, das man auch einen alten Menschen im
Vergleich dazu nicht mehr aus seiner Wohnung, seiner Umgebung herausnehmen
soll und dementsprechend auch einen alten Baum nicht mehr verpflanzen,
weil er da gefestigt ist, sich wohl fühlt und es wahrscheinlich nicht
überleben würde, wenn man ihn umpflanzt.
Wie der Mensch auch im Vergleich darunter sehr leiden würde, ein alter
Mensch, der aus seiner bekannten Umgebung herausgenommen wird."
Sprecher: In diesem
Sprichwort werden Mensch und Baum nicht nur verglichen – sie werden sogar
gleichgesetzt. Der Baum wird zur Metapher für den Menschen. Die hohe
Identifikation des Menschen mit dem Baum drückt sich auch in einem alten Brauch
aus. Früher war es üblich, zur Geburt eines Kindes einen Baum zu pflanzen. Dieses
alte Brauchtum lebt heute in
Deutschland wieder auf, das heißt,
die Menschen erinnern sich daran und pflanzen Bäumchen für ihre Sprösslinge. Die Bezeichnung Sprösslinge für Kinder bezieht sich auf
den Baum: einen jungen Baum nennt man Sprössling.
Sprecherin: Das
geflügelte Wort "vor lauter Bäumen
den Wald nicht mehr sehen" wird
im Sinne von "sich in Details verlieren und darüber das Ganze nicht mehr
erkennen" verwendet. Wer sagt: "Ich könnte Bäume ausreißen", will damit ausdrücken, dass er nur so vor Kraft strotzt, also sehr viel
Energie hat. Wäre diese Redensart wörtlich gemeint, würde sie Umweltschützern
wohl nicht gefallen... Einen Baum
ausreißen heißt, ihn mitsamt seinen Wurzeln aus der Erde herauszuziehen.
Üblicher ist es, den Baum mit einer
Axt abzuschlagen - oder den Stamm mit einer Säge durchzusägen und
ihn so zu Fall zu bringen. Davon
abgeleitet nennt man diesen Vorgang auch einen
Baum fällen. Das Fällen gehört
zu den Aufgaben des Baumpflegers.
- O-Ton: Christoph Gerick:: "Der praktische Baumpfleger arbeitet im Baum, mit der Arbeitsbühne oder vom Seil aus, führt Schnittmaßnahmen durch, fällt Bäume, Risikofällungen, das heißt also, Bäume die an schwierigsten Standorten, an verkehrsreichen
Straßen gefällt werden müssen, arbeitet mit der Motorsäge, auch mit der Handsäge,
er führt Standortverbesserungen durch in Handarbeit, mit Mini-Bagger, um die Erde zu
verbessern, das Umfeld zu verbessern, Unterpflanzungen am Baum zu fördern,
eben um die Standortverhältnisse des Baumes
zu fördern."
Sprecher: Wie ein praktischer Arzt, also ein
Allgemeinmediziner, sich um das Wohlergehen seiner Patienten kümmert, ist der praktische Baumpfleger für die
Gesundheit des Baumes zuständig. Bis vor einigen Jahren nannte man den Baumpfleger noch Baumchirurg – weil er mit Axt und Säge regelrechte chirurgische
Eingriffe am Baum vornahm. Heute versucht man, den Akzent mehr auf die Pflege
zu setzen und möglichst wenige einschneidende
Operationen vorzunehmen. Deshalb hat man die Berufsbezeichnung geändert.
Ganz ohne Schneiden geht es auch heute nicht. Auch der Baumpfleger führt Schnittmaßnahmen
durch, er schneidet Äste und Zweige ab – etwa wenn diese
abgestorben, also zu totem Holz geworden
sind. Dieses tote Materie nennt man morsches
Holz. Übertragen auf den Menschen spricht man von morschen Knochen, also von Knochen, die alt und brüchig geworden
sind.
Sprecherin: Mit der Arbeitsbühne, einer Art mobilem
Fahrstuhl, kann der Baumpfleger auf
die gewünschte Höhe fahren und den Baum
bearbeiten. Dann gilt für ihn wortwörtlich, was sonst auch als Redensart in
unseren Sprachgebrauch eingegangen ist: Er darf sich nicht den Ast absägen, auf dem er sitzt – sonst würde er ja
herunterfallen. Der Baumpfleger
braucht eine Motorsäge, eine Handsäge und einen Mini-Bagger, einen sehr kleinen Bagger. Umgangsprachlich wird Mini- vor Substantive gesetzt, um diese
als sehr klein zu kennzeichnen. Beim Beschneiden
des Baumes ist Fingerspitzengefühl
geboten.
- O-Ton: Christoph Gerick:: "Bäume bluten. Es gibt einige Baumarten, die zu bestimmten Zeiten vor dem Neuaustrieb stark Wasser ziehen,
und wenn man die dann verletzt, schneidet,
dann bluten die, dann verlieren
die Flüssigkeit – Wasser – und das bezeichnet man als Blut, das ist speziell bei Walnuss, Ahorn und Birke, die stark bluten können, vor dem Neuaustrieb, also, in der laublosen Zeit, verstärkt zwischen
Februar und April."
Sprecherin: Wenn
Menschen Blut verlieren, sagt man,
sie bluten. Bei Bäumen nennt man es
ebenfalls bluten, wenn sie nach
einem Schnitt Flüssigkeit verlieren. Hier wird also sprachlich vom Menschen auf
den Baum geschlossen, was wieder die enge Beziehung zwischen beiden betont.
Wichtige in Deutschland heimische Baumarten sind Laubbäume wie die Buche, die
Eiche, die Kastanie, die Linde und
der Ahorn oder Nadelbäume wie die Fichte und die Tanne. Es
fällt auf, dass im Deutschen fast alle Baumnamen
weiblich sind. Das gilt auch für die
Birke, die Pappel, die Esche, die Erle oder die Kiefer. Zu den wenigen Ausnahmen gehört der Ahorn. Die überwiegend weiblichen Baumnamen erinnern daran, dass in alten Zeiten Bäume oft mit Frauen identifiziert wurden. Zudem zeugen sie von
einem weit verbreiteten Glauben an Baumgeister,
insbesondere an Baumhexen, die in
der Vorstellung der Menschen in den Bäumen wohnten.
Sprecher: Laubbäume sind belaubt, das heißt, an ihren Ästen sitzen Blätter. Im Herbst
verlieren die meisten von ihnen ihr Laub.
Nadelbäume hingegen behalten als immergrüne Pflanzen ihre nadelförmigen Blätter das ganze Jahr
über. Der Name Linde leitet sich vom althochdeutschen lindi ab, was so viel bedeutet wie "biegsam". Im
Mittelalter fanden Gerichtssitzungen und Versammlungen oft unter Linden statt, in Volksliedern wurde
dieser Brauch besungen:
Musik: "Wo wir
uns finden wohl unter Linden zur Abendzeit", aus Volkslied "Keiner
schöner Land in dieser Zeit"
Sprecherin: Die Buche hat sprachgeschichtlich Pate gestanden für unser heutiges Wort Buch, das ursprünglich
zusammengeheftete Tafeln aus Buchenholz bezeichnete,
auf denen geschrieben wurde. Auch im Wort Buchstabe
steckt die Buche. Mit der Bestimmung
der Baumarten befasst sich die Baumkunde, mit der Aufzucht der jungen
Bäume die Baumschule.
- O-Ton: Christoph Gerick:: "Baumschulen heißen Baumschulen, weil sie Pflanzen heranziehen,
vom Samen bis zum Verkauf. Die Pflanzen werden herangezogen und müssen gehegt und gepflegt werden. Und ab
`nem gewissen Alter werden sie umgetopft
beziehungsweise später, wenn sie im Feld stehen, umgepflanzt, und das nennt man auch aufschulen, dieses Umpflanzen.
Und daher kommt dann der Begriff Baumschule.
Das bedeutet letztendlich das Heranziehen von Pflanzen bis zu
Verkaufsgrößen."
Sprecher: Etwas hegen und pflegen bedeutet, etwas sorgfältig zu behandeln. Dazu
gehört das Umtopfen, also das Pflanzen des jungen Baumes in einen größeren Topf, sobald
der alte Topf zu klein geworden ist. Später wird der Baum direkt in die Erde gesetzt und nach einer gewissen Zeit an
eine andere Stelle gepflanzt, also umgepflanzt.
Die Vorsilbe um- zeigt einen
Ortswechsel an – wie in umziehen, umsteigen oder umkehren. Um den Wünschen seiner Kunden gerecht zu werden, muss
Ludger Coenen-Jürgl in der Baumschule
auch Entwicklungen beachten.
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Es gibt Moden in der Baumauswahl. Zum Beispiel mein Lieblingsbaum, der Amberbaum, ist im Moment sehr im Trend, dann sind Obstgehölze wieder ganz stark im Kommen, weil die Menschen
doch wieder zum Selbstversorger hin
tendieren, dann gibt es die immergrünen
Bäume, das heißt, Zypressen, die zur Abpflanzung
des Grundstücks dienen, um einen gewissen Sichtschutz zum Nachbarn zu
bringen - was ich wohl nicht für sinnvoll halte, weil kleine Gärten oft
sowieso schon zu klein sind und durch diesen hohen Heckenbestand noch kleiner werden. Dann gibt es die Kleinbäume – Johannisbeerbäumchen – das gehört auch zu den Obstgehölzen,
Johannisbeerstämmchen werden sehr viel gepflanzt, und eben in Gärten, wo
es noch möglich ist, werden sehr viel große einheimische Bäume wieder
gepflanzt - wenn es das Grundstück zulässt."
Sprecherin: Der Amberbaum ist ein Exot in Deutschland:
Ursprünglich stammt er aus Nordamerika. Aber ansonsten werden immer mehr einheimische Bäume gekauft – man kann
sagen: Sie sind groß im Kommen oder
sie liegen im Trend. Obstbäume, also Apfel-, Birn-, Kirsch- oder Pflaumenbäume sind besonders beliebt:
Die Leute können ihre Früchte, das
Obst, selbst ernten und müssen sie nicht kaufen. Auch deutschen Denkern und
Dichtern gefielen die Obstbäume. So
soll Luther gesagt haben: "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt
unterginge, würde ich doch heute noch ein Apfelbäumchen
pflanzen." Theodor Fontane besang in der Ballade "Herr von Ribbeck
auf Ribbeck im Havelland" einen Birnbaum,
Bertolt Brecht schrieb ein Gedicht mit dem Titel "Der Pflaumenbaum". Der erklärte Baumliebhaber Johann Wolfgang von Goethe stellte dem dritten Teil
seiner Autobiographie "Dichtung und Wahrheit" den folgenden Spruch
voran: "Es ist dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen."
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Man sagt ja auch, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Und das soll auch ein bisschen an unser Leben erinnern, dass nicht einfach
alles so weiter geht und nach oben wächst und ins Positive reinwächst,
sondern es ist wie bei den Bäumen
auch – ab einem gewissen Alter hat der Baum gar kein Wachstum mehr nach oben oder nur noch ein ganz
geringes Wachstum nach oben, sondern nur ein Stammwachstum, also Dickenwachstum. Und auch ein Baum wird irgendwann einmal
sterben."
Musik: "Mein
Freund der Baum ist tot"; Alexandra
Sprecher: Leider
sterben heute in Deutschland viele Bäume
viel zu früh. Die Umweltverschmutzung und insbesondere der so genannte saure Regen haben einen großen Teil der
Wälder krank gemacht. Schadstoffe in der Luft und im Regen vergiften die Bäume. Fast ein Viertel aller Bäume in deutschen Wäldern ist heute
stark geschädigt. Das Baumsterben
und das Waldsterben sind längst
traurige Wirklichkeit – und auch als Begriffe in den aktuellen Sprachgebrauch
eingegangen. Die Bundesregierung veröffentlicht jedes Jahr den Waldschadensbericht. Aber aller
Erkenntnis zum Trotz – der Mensch macht es den Bäumen im täglichen Leben weiterhin schwer, weiß Baumpfleger
Alexander Kutschera.
- O-Ton: Alexander Kutschera: "Hier gerade im Stadtbereich
sind ja alle Flächen zubetoniert, und
der Baum hat immer
Schwierigkeiten, irgendwo Wasser herzubekommen. Und was natürlich auch ein
großes Problem ist: Viele Menschen und Autos fahren halt über die Wurzeln. Und dadurch verdichtet
sich der Boden, der Baum kriegt weniger Wasser, der Baum spürt
das natürlich auch, was sich dann wieder in der Krone widerspiegelt. Da kann man’s dann sehen, dass er irgendwo
Schäden im Wurzelbereich hat.
Das zeigt er dann in der Krone,
im Blattwerk, dass er irgendwo
trockene Äste hat oder `ne ganze Baumhälfte
eventuell abtrocknet."
Sprecherin: Asphaltierte Straßen und Bauten aus Beton bestimmen
das Bild unserer Städte, für die Natur bleibt kaum noch Platz. Die Stadtbäume leiden darunter, dass Autos
über ihre unterirdischen Wurzeln
fahren und der Boden sich verdichtet,
die Erde darüber steinhart wird. Ihre Wurzeln,
die man alle zusammen als Wurzelwerk
bezeichnet, werden geschädigt. Und das, was unter der Erde passiert, kann man
über der Erde an den Blättern sehen,
die wiederum das Blattwerk bilden.
Die Bäume können sich nicht dagegen
aufbäumen. Der Wassermangel lässt ihr Laub oft erst welk, das heißt saftlos und trocken, werden und schließlich
vorzeitig abfallen. Sich gegen etwas
aufbäumen wird heute im Sinne von sich gegen etwas auflehnen verwendet.
Sprachwissenschaftler vermuten, dass der Ausdruck aus der Jägersprache stammt
und "sich am Baum
aufrichten" bedeutete, beziehungsweise auf den Baum klettern. Umweltschützer und Baumfreunde fordern, den Baum
als das zu sehen, was er ist – ein Lebewesen, und nicht als Objekt, als toten
Gegenstand. Denn der Mensch braucht den Baum.
- O-Ton: Christoph Gerick: "Der Baum hat vielfältigen Nutzen für den Menschen. Er spendet Sauerstoff, er verbessert
die Luft. In den Städten speziell sind Bäume ja ganz wichtig, um die Luftfeuchtigkeit zu fördern, der
Anblick des grünen Laubs verbessert
die Atmosphäre in einer Stadt für den Menschen, das er sich wohler
fühlt. Und die Holzproduktion – davon leben wir, davon bauen wir Möbel.
Holz hat im täglichen Leben des Menschen eine lange Tradition. Schon seit
Urzeiten braucht er es, zum Feuermachen, für Wärme, zum Kochen. So wie
dann die Weiterentwicklung war, es als Baumaterial zu nutzen, für Häuserbau, Möbel und so
weiter."
Sprecher: Bäume spenden Sauerstoff. Sie verwandeln in
einer chemischen Reaktion das Kohlendioxid aus der Luft in Sauerstoff. Außerdem spenden
sie durch ihren Anblick Trost, findet
auch der Dichter Günter Eich, der in einem Gedicht fragt: "Wer möchte leben ohne den Tost der Bäume?" Ohne das Holz der Bäume könnten wir gar nicht leben: Schon seit Urzeiten, seit Menschengedenken, sind Bäume für den Menschen Holzlieferanten
und damit auch Papierlieferanten.
- O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Der Baum ist für mich einmal
ein Produkt, um zu überleben, aber auch ein Partner, um mir beizustehen, um
mir zu helfen, das Leben zu
meistern, das heißt, ein Baum
kann beruhigen, wenn man ihn nur schon mal betrachtet, einen stressigen
Tag erwischt hat, und man betrachtet einen wunderschönen Baum, dann kann das schon sehr
viel helfen."
Sprecherin: Ludger
Coenen-Jürgl lebt davon, dass er in der Baumschule
Bäume heranzieht und sie dann wie Produkte verkauft. Aber er sieht sie auch
als befreundete Lebewesen, als Partner. Der Baumfreund ist überzeugt: Sie helfen ihm, in der Hektik des Alltags
zur Ruhe zu finden, sein Leben besser zu meistern, mit seinem Leben besser
zurecht zu kommen. Früher war es übrigens üblich, einen Baum um Verzeihung zu bitten, bevor man ihn fällte und sein Holz
weiterverarbeitete. Fest verwurzelt
war der Glaube, dass Bäume
verstehen, was man ihnen sagt. "Mit Bäumen
kann man wie mit Brüdern reden und tauscht
bei ihnen seine Seele um", dichtete Erich Kästner. Die Seele umtauschen ist ein Bild dafür,
wie der Mensch aus der Begegnung mit dem Baum
erholt und seelisch erfrischt hervorgeht.
O-Ton: Ludger Coenen-Jürgl: "Ich glaube wirklich, dass Bäume
für den Menschen sehr sehr wichtig sind. Ich habe im Betrieb mehrere große Bäume stehen, die ich mir jeden Tag und
zu jeder Jahreszeit anschaue und die mich auch beruhigen. Mein Schwiegervater
hat jahrelang jeden Tag eine Linde
bei uns im Betrieb gestreichelt. Und es ist bestimmt auch was Wahres dran, dass
manche Leute sagen: Du musst einen Baum
umarmen und die Kraft des Baumes
geht in den Menschen über. Der Baum bedeutet für mich einfach Kraft, Leben,
Ausdauer und Widerstandsfähigkeit
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